Josten hat es auf einen großen Markt abgesehen. Im Schnitt gibt jeder Bürger in Deutschland rund 340 Euro pro Jahr für Möbel aus. 2011 setzte die Branche hierzulande 30,7 Milliarden Euro um. Vorne liegt Ikea, die Schweden sicherten sich fast zwölf Prozent dieses Volumens. Auch Filialisten wie Höffner, XXXLutz, Porta, Tessner, Segmüller und Poco sind stark.

” Der Markt ist dicht besetzt”, sagt Arnd Ziemer, Chefredakteur der Fachzeitschrift “möbel kultur”. Aber: “Mit den Wohnaccessoires hat Butlers ein Lifestyle-Konzept wie Ikea. Das ist ein Vorteil gegenüber den klassischen Möbelhändlern.” Und es ist kein schlechtes Geschäft. “In der Branche wird häufig mit einem Aufschlag von 100 Prozent auf den Einkaufspreis kalkuliert”, erklärt Ziemer.
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Platz 11: Bulthaup GmbH
Nobelhersteller Bulthaup aus Bodenkirchen, nordöstlich von München folgt mit 110 Millionen Euro Umsatz.
Quelle: Creditreform 2011 in statista Branchenreport Herstellung von Möbeln
Platz 10: Impuls Küchen
Der sauerländische Küchenhersteller Impuls aus Brilon kam auf rund 114 Millionen Euro Umsatz. Die Marke gehört inzwischen zur Alno AG.
Platz 9: Burger Küchenmöbel
Der Küchenhersteller aus Burg bei Magdeburg setzt rund 120 Millionen Euro um.
Platz 8: Pino Küchen
Pino Küchen kommen ausnahmsweise nicht aus Ostwestfalen, sondern aus Coswig bei Dresden. Die Küchenhersteller machen 126 Millionen Euro Umsatz. Pino Küchen gehören zur Alno AG.
Platz 7: Poggenpohl

Der Nobelküchenhersteller folgt mit einem Umsatz von 128 Millionen Euro dicht und hat seinen Sitz ebenfalls im ostwestfälischen Herford.
Platz 6: Gustav Wellmann
Die Gustav Wellmann GmbH aus Enger bei Herford erzielt 143 Millionen Euro Umsatz. Der Küchenhersteller gehört zur Alno AG.
Platz 5: Schüller Möbelwerk
Schüller hat seinen Sitz rund eine Stunde westlich von Nürnberg in Herrieden und macht rund 230 Millionen Euro Umsatz.
Platz 4: Nolte Küchen
Nolte Küchen folgen mit einem Umsatz von 285 Millionen Euro dicht und sind damit der viertgrößte Küchenhersteller in Deutschland. Das Unternehmen sitzt nur wenige Kilometer von Häcker Küchen entfernt ebenfalls in Ostwestfalen.
Platz 3: Häcker Küchen
Häcker Küchen hat seinen Sitz in Rödinghausen nahe Bad Oeynhausen und Herford und macht knapp 300 Millionen Euro Umsatz.
Platz 2: Alno AG
Mit deutlichem Abstand folgt die Alno AG aus Düsseldorf und einem Umsatz von rund 500 Millionen Euro. Zur Alno AG zählen auch die Marken Pino, Impuls und Wellmann.
Platz 1: Nobilia-Werke

Mit einem Umsatz von knapp 750 Millionen Euro ist der Küchenhersteller Nobilia-Werke aus Verl bei Gütersloh der Größte in Deutschland.
Die Frage, ob Butlers Ikea an greifen wolle, findet Josten vermessen. Der 47-jährige Diplom- Kaufmann peilt angesichts der Größe des Markts einen Anteil von “deutlich unter einem Prozent” an, betont aber, dass die Qualität der Butlers-Möbel über der von Ikea liege; der Preis auch. Aktueller Bestseller ist der Buffetschrank “Champagne” für 599 Euro.
Auch macht es Josten nichts aus, dass Ikea Mitte 2013 in Hamburg-Altona das erste Innenstadthaus eröffnen wird. Genau dort, wo die Butlers-Filialen sind: in Toplagen mit viel Laufkundschaft. Schließlich sind die Kunden von Butlers vor allem Impulskäufer. “Etwa 80 Prozent sind Frauen, in der Regel Akademikerinnen”, sagt Josten.
Ikea: ein Erfolgsmodell, kinderfreundlich, emanzipiert, weltoffen und umweltbewusst. Johan Stenebo kratzte an diesem Bild. Da war von Intrigen, Bespitzelung, Rassismus im Konzern die Rede. Und Stenebo, ausgebildeter Betriebswirt, musste wissen, wovon er spricht. 20 Jahre lang hat er es immerhin bei Ikea gearbeitet. Einem Unternehmen, das er immer noch liebt; von dem er aber auch sagt, dass es auf Lügen aufgebaut ist.
Im November 2009 hat dieses Buch für großes Aufsehen gesorgt, nicht nur in Schweden. Johan Stenebo hat 20 Jahre für Ikea gearbeitet – und jetzt packt er aus. Das Buch ist mittlerweile auch auf Deutsch erschienen. Stenebo arbeitete sich hoch bis ins Top-Management von Ikea und wurde sogar persönlicher Assistent von Ikea-Gründer Ingmar Kamprad. Anfang 2009 verließ Stenebo das Unternehmen und begann, sein Enthüllungsbuch zu schreiben.
Stenebo gab zu, dass er sich mit Peter Kamprad, dem als Kronprinzen gehandelten Sohn des Ikea-Gründers, überworfen habe. Außerdem sei das Buch doch gar keine Abrechnung: „Viele, die mein Buch gelesen haben, empfinden es als Liebeserklärung“, sagte Stenebo vor kurzem.
Bibliographie Johan Stenebo, Die Wahrheit über Ikea Campus Verlag, Frankfurt am Main, 2010, 286 Seiten
Und darin wird deutlich, dass das Image von Ingmar Kamprad nicht so ganz der Wahrheit entspricht. Doch viele der Anekdoten über ihn seien laut Stenebo frei erfunden. Dass er ein extrem bescheidener Mensch sei mit einem 30 Jahre alten Sofa. Dieser Geiz werde zwar ausgeschlachtet und übertrieben dargestellt, im Kern aber durchaus richtig. In Wirklichkeit führe Kamprad Ikea „wie eine Sekte“. Das Unternehmen sei nicht ohne Grund eines der „verschlossensten der Welt“.
Bei Ikea würden „Stasi-Methoden“ gelten, schreibt Stenebo, worunter die Mitarbeiter enorm leiden. Sie würden bespitzelt, Frauen diskriminiert. Ausländer seien als „Neger“ beschimpft worden und hätten deutlich weniger Chancen gehabt, Karriere zu machen, als Schweden aus der nahen Umgebung.
Stenebo geht noch weiter: Ikea würde es mit dem Umweltschutz nur vordergründig Ernst meinen. Bei Lieferanten gehe es zu sehr um den Preis, eine intensive Prüfung der Produktionsmethoden gebe es allzu oft nicht. Die „Barnslig“-Teppiche sollen von pakistanischen Kindern geknüpft werden. Der Konzern selbst spricht bei all dem von den „Ansichten einer Privatperson“, auf die man nicht eingehen wolle. Für Stenebo hat es sich jedenfalls gelohnt. Er gibt inzwischen Seminare in Unternehmensführung und hält Vorträge.
Kamprad wird immer wieder Alkoholsucht nachgesagt: Er soll laut Stenebo „regelmäßig geradezu geplante Perioden ohne Alkoholkonsum“ gehabt haben, sich dazwischen aber „sinnlos betrunken“ haben. Allerdings sei das sehr viel weniger aufgefallen, als man gerüchteweise hört. Der Autor selbst habe Kamprad „nie trinken sehen“. Auch Kamprads Entscheidungen seien nie vom Alkohol beeinflusst gewesen. Auch in einer anderen Hinsicht verteidigt Stenebo seinen Ex-Chef: „Neonazistische Sympathien“ habe Kamprad nicht, er sei „absolut kein Antisemit“. Andere Autoren behaupten dies immer wieder.
Ein Beispiel für die Sturheit des Unternehmensgründers sei der Entscheidungsprozess gewesen, einen ein Homeshopping-Konzept einzuführen oder nicht. Viele Ikea-Manager hatten große Pläne, hohe Summen wurden für Vorstudien ausgegeben. Grundsätzlich gab es stets ein großes Vertrauen in die Entscheidungen Kamprads, schließlich hatte er meistens Recht behalten. Doch in diesem Fall wäre kein Manager seiner Auffassung gewesen, wie Stenebo schreibt. Und die aktuellen Zuwachsraten des Internethandels hätten schließlich auch bestätigt, dass es eine falsche Entscheidung war.

Doch warum ist Ikea wirklich so erfolgreich? Die Lektüre von Stenebos Buch lohnt sich, auch um diese Frage zu beantworten. Denn zwischen den Zeilen schwingt große Begeisterung mit, wenn er von den drei wesentlichen Erfolgsgeheimnissen spricht. Und „Geheimnis“ darf man in diesem Fall wörtlich nehmen, denn bisher waren viele dieser Punkte so detailliert nicht bekannt…
Das erste der drei Top-Geheimnisse ist die Wertschöpfungskette Ikeas. Stenebo beschreibt die im Detail. Vereinfacht gesagt schaffen es die Schweden, billiger und besser als die Konkurrenz zu sein, in dem sie vor allem den Rohstoff preisgünstig bekommen: Hunderttausende Hektar Holz schlägt Ikea Jahr für Jahr, doch trotz der massiven Rodungen ist das Konzept nachhaltig. Mit großem Geschick sicherte sich das Unternehmen rechtzeitig ausreichend Waldareale, um langfristig die steigende Nachfrage decken zu können. Dazu kam ein Konzept von Sägewerken und der dahintersteckenden Logistik. Ikea arbeitet sehr eng mit der Swedwood AB zusammen. Die gegenseitige Abhängigkeit schweißt die beiden Firmen zusammen.
1400 Firmen beliefern Ikea derzeit in über 70 Ländern: eine weltweit einzigartige Maschinerie, die sich um die sogenannte Preis-Mengen-Spirale dreht: „Beginne bei einem Lieferanten mit einem guten Volumen und drücke die angebotenen Preise für das Versprechen, ihm ein paar Jahre treu zu bleiben“, schreibt Stenebo. Jahr für Jahr würde dann die Menge erhöht, natürlich gegen üppige Preissenkungen. Die Spirale dreht sich, dank des Einkaufsgeschicks der Ikea-Manager. Auf lange Sicht schrumpfte die Zahl der Ikea-Lieferanten auf 1400 zusammen; zwischenzeitlich waren es mal sehr viel mehr.
Nicht funktioniert hat dieses Konzept in China, zumindest nicht im Inland. Jahrelang habe sich Ikea auf Filialen in den Küstenregionen beschränkt. Nachteilig war für Ikea, dass Europäer die Einkaufsbüros geführt haben. Die Umzüge der Familien war teuer, so Stenebo. Zudem hat ein gewisser Anteil Einheimischer große Vorteile. Es gelang Ikea praktisch nicht, die richtigen Kooperationspartner in China zu finden. Ähnlich ist es auch Russland.
Die Arbeit der Entwickler beginnt stets mit der Idee für das Produkt, beispielsweise ein Coachtisch. Natürlich soll er billig sein. Die Entwickler müssen also preiswertes Material verwenden wie Kiefer oder Fichte. Zudem müssen sie an Material sparen, wo es geht, man es aber nicht sieht. Jetzt kommen Designer ins Spiel, denn einen fadenscheinigen Tisch will ja auch niemand. Parallel gibt es intensive Gespräche mit den Lieferanten. Das Schema ist bei Ikea stets dasselbe und endet beim Produktrat. Ingvar Kamprad hat dann das letzte Wort, auch beim Namen des Produkts, der eine große Rolle spielt.
Die Kehrweite der Medaille: Ikea steht in dem Verdacht, beim Design sich allzu sehr von Konkurrenten inspirieren zu lassen. Stenebo schreibt dazu: „Während der 70er- und 80er-Jahre klaute das Unternehmen ungeniert.“ Dann aber bildete sich ein „schlechtes Gewissen“ und Ikea gab mehr Geld für gute Designer aus. Heute würde nur noch wenig gestohlen; zumindest nicht mehr, als in der Branche üblich ist.
Ikeas Herzstück sind aber zweifelsohne die großen Einrichtungshäuser. Jedes hat vier Teile: Möbelausstellung, Markthalle, Kassenbereich und das Lager. Stenebo beschreibt das clevere System folgendermaßen: „Dass Ikea den Kunden an der Nase fasst und ihn bewusst so durch das Einrichtungshaus führt, dass er möglichst viel kauft.“ Die großen gelben Taschen bieten viel Platz für kleine, spontane Käufe. Diese „Impulsware“ geschickt zu positionen, ist bei Ikea eine Wissenschaft für sich.
Volle Lager kosten Geld. Deshalb gibt es bei Ikea nur eine Periode im Jahr, in der es äußerst wichtig ist, dass alle Lager voll sind, nämlich den Herbst. Denn im August kommt der große Katalog heraus. Ikea verkauft 40 Prozent des Jahresvolumens von September bis Dezember. Wenn in dieser Phase die gefragtesten Produkte nicht auf Lager sind, ist das höchst ärgerlich für den Konzern.
Ein Beispiel für preiswerte Produkte sind Energiesparlampen in der 90er-Jahren: Kartellbindungen hatten den Preis für eine Lampe auf 200 bis 250 Schwedische Kronen festgelegt. Eine gewöhnliche Glühbirne kostete damals fünf Kronen. Kamprad wollte aber, dass Ikea dennoch Energiesparlampen verkauft, um umweltfreundlich dazustehen. Also ließ er chinesische Lieferanten suchen, die das Patent umgehen konnten. Ikea verkaufte die Lampen zum Selbstkostenpreis. Das Ziel war nicht, etwas an ihnen zu verdienen, sondern das Image aufzupolieren. Ikea verlangte 20 Kronen, der Markt brach praktisch zusammen.
Besonders ist bei Ikea die Sprache, eine Art „Schwenglisch“. „Diese Art des Pidgin Englisch ist der Standard für jeden, der Karriere bei Ikea machen will“, schreibt Stenebo. Damit ist eine stark vereinfachte Version des Englischen gemeint, mit einem geringen Vokabular. Der Zweck ist eine pragmatische Kommunikation im Alltag. Diese Sprache mag effektiv sein, hatte aber in England und den USA viele Nachteile.
Butlers kann nur etwa fünf Prozent des Möbelangebots in den Läden zeigen. Der Grund: Die Mieten für die City-Geschäfte sind hoch und durch den Verkauf von Möbeln kaum finanzierbar, die Drehzahl ist zu langsam. Der Katalog ist das Schaufenster. Bestellt werden Schränke, Sofas und andere Möbel im Online-Shop von Butlers. Die Retourenquote ist laut Josten mit “rund sechs Prozent relativ gering”. Bei der Auswahl von zu Hause aus helfen rechnergestützte Simulationen.
Das Möbelgeschäft im Internet läuft generell noch schleppend. Der Anteil des Versand- und Onlinehandels liegt zurzeit bei gut fünf Prozent. “Der größte Onlineverkäufer von Möbeln ist Otto, selbst Ikea hält sich noch zurück”, sagt Experte Ziemer. “Die klassischen Möbelhändler investieren noch immer verstärkt in große Häuser.”
